Durch einen kühnen Blick aus dem Fester konnte ich mir die Gewissheit holen: Es regnet, und zwar aktiv. Nein, ich bin nicht sonderlich überrascht. Das wäre ich eher, wenn die Sonne schiene.

Nun, es ist 9:00 Uhr und das Leben geht weiter. Erst mal mit einem Frühstück.

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Inzwischen bin ich angekommen nach knapp 4 Stunden Fahrzeit über's Land - 3 davon unter Landregen, den ich im Gegensatz zur Landwirtschaft nicht nötig hatte, wie vorstellbar. Und dennoch war es ein schöner Fahrtag.

Meine Stimmung war gut, das Land sprach mit mir und ich habe öfters mal im Regen angehalten und versucht, trockene Bilder in der Nässe zu machen. Man sieht ihnen an, finde ich, wie das Wetter war, und kann sich vorstellen, dass es den Pflanzen und Bäumen gefallen hat und den Bauern vermutlich auch.

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Die Strecke heute hat die neuen Straßen gemieden. Ich bin durch die Mancha gefahren, diese unedlich weite Ebene südlich Madrid. Gelegentlich habe ich einen Camino gekreuzt - diesmal nicht den de Santiago, sondern den, den angeblich Don Quichote gezogen sein soll. Mag sein - aber sicher nicht bei Regen.

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Das ist das Blatt der Pflanze, die die eindrucksvollen Bäume rechts hervor bringt.

Die Landwirtschaft scheint hier sehr reich gesegnet mit fruchtbarem Boden und ob Wein, Weizen oder Oliven angebaut werden: alles erfolgt in großem Maßstab. Der Boden ist eisen- und kalkhaltig, eher steinig als lehmig schwer. Auch der fast südfranzösichen Umfang annehmende Weinanbau in ackerartigen Kulturen spricht dafür. Das Problem ist sicher der Wassermangel im Sommer.

Mein Weg führte mich heute mehrmals über Autobahnen, die sich mir und Garmin verlockend angeboten, einmal, eher wider Willen, ein Stück verführt haben. Trotz zu erwartender längerer Fahrzeit bin ich bei der nächsten Ausfahrt wieder auf die beabsichtigte Strecke zurück gefahren hinein in besonders ergiebige Schauer. Ich finde das heldenhaft von mir :-) Denn wenn es dauernd regent ist das Angebot der Schnellstraße, die Fahrzeit eine 3/4 Stunde zu verkürzen, schon verführerisch gewesen.

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Mir ist beim Überqueren einer der Autobahn gelungen, das bildlich zu dokumentieren, was ich in den vorangehenden Berichten ständig nur beklagt habe. Ich verstehe, wenn das nervt. Mich nervt der Sachverhalt, den Leser mein Perpetuieren des von ihm nun längst Begriffenen. Daher habe ich hier» einen Link zu einer Sonderseite eingefügt, der den Irrsinn am heutigen Beispiel zeigt, der hier stattgefunden hat und nur, wer's noch hören kann, muss anklicken.

Gegen Ende des Fahstrecke hatte Garmin noch ein Schmakerl für mich parat: Zwischen einem Kaff namens Santa Maria del Campo Rus und dem bestenfalls für die Bewohner wichtigen Dorf namens Honrubia besteht eine Direktverbindung von - wie ich nachgemessen habe - 15,2 km. Sie bietet sich angesichts der nahezu doppelt so langen Alternativen - zumal bei Regen und kurz vorm Ziel - an.

Es stellte sich als typisches Dorf-Verbindungs-Sträßchen in dünnbesiedelter Landschaft heraus und stammt wohl aus der Zeit, in der der direkte Weg immer auch der ökonomische war. Aus einem Fußweg wurde einer für Ochsenkarren, dann einer für Pferdefuhrwerke und dann für Traktoren. Als Autos aufkamen hat man auf den bis dahin lehmigen Schotter eine dünne Teerdecke gezogen. Nicht in einem Guss, sondern stücklesweis und auch nicht immer Teer, auch mal Zement oder so was ähnliches. Das war dann vor 20 Jahren fertig.

Ab dann wurde das Sträßchen durch zunehmend größere und schwerere landwirtschaftliche Fahrzeuge zertrümmert, in seine Einzelteile zerlegt und für den normalen Straßen-Verkehrsteilnehmer unbrauchbar. Inzwischen ist nix mehr zur Erhaltung passiert - das war's dann. Neue Trassenführung und das selbstverständlich gewordene Autofahren machten die Umwege zeitlich erträglich. So erkläre ich mir das Werden und Vergehen Sträßchen und seine Geschichte.

unterwegsDiese Geschichte kannten weder Garmin noch ich und ich folgte seiner Empfehlung der Diretissima. So kämpften wir uns gemeinsam durch Schlaglöcher der besonderen Häufigkeit und Art, dadurch gekennzeichnet, dass sie durch den Regen in Pfützen verwandelt ihre Tiefe nicht erkennen ließen. Sie lagen so dicht beieinander, dass nicht auzuweichen war - zumal nicht mit meinem Dreirad: war ein Schlagloch erfolgreich zwischen den beiden Vorderrädern überwunden, fuhr ich zielsicher mit dem mittigen Hinterrad hinein. Ich wusste erst hinterher um die Länge von Raum und Zeit und so mag verwundern, dass ich gerade diese Strecke genossen habe.

Die Landschaft war grafisch und von der Stimmung derartig faszinierend, dass ich - Regen hin, Regen her - versucht war, das eine oder ander Bild zu schießen. Es wären mehr geworden, hätte ein Assistent mit Schirm mich und die Kamera geschützt. Die Regenvorhänge haben die Landschaft aufgesogen und lassen die Weite nur erahnen, die im optischen Dunst verschwindet und nahtlos in den Himmel übergeht. Ich dachte mir, was man in so einem Moment so denkt: Hier sollte ich nochmal bei schönem Wetter entlang fahren - so gegen Abend am besten, wenn die Sonne schräg steht und die Schatten länger werden. Ich weiß, man tut es nicht. Aber man sollte!!

Hier in Alarcón bin ich in einem Parador gelandet, den ich schon einmal versucht habe zu beschreiben. Vielleicht kann ich morgen ergänzen, wenn das Wetter dann vielleicht - woher ziehe ich diese Hoffnung? - Sonne anbietet.

So, jetzt lade ich erst mal hoch und baue dann die eher kümmerliche Fotoausbeute unter Überschrift: La Mancha im Regen ein.

Sonntag, 06. Mai, Tag 16, [Ruhetag = Trocknungspause]

Es regnet, aber der Himmel wird erkennbar durchlässig. Könnte sein, dass sich die Wettervorhersage bewahrheitet und in den nächsten Tagen das absolute Sonnenwetter einsetzt. Der heutige Tag muss das aber erst mal bestätigen. Nach den bisherigen Erfahrungen lege ich erst nochmal die Ohren an. Im Moment weht ein unangenehmer kalter Wind, der noch viel Feuchtigkeit in der Luft mitführt. Mein Trike ist durchgeweicht, zumindest fühlt sich der Sattel so an, der heute Nacht ungeschützt dem Regen ausgesetzt war. Der Nachmittag wird's zeigen.

Bis zu einer Wanderung mit Kamera bleibt noch etwas Wetterbesserungszeit und ich mache mich über den Einschub Spanische Strassen, also die Sonderseite, die ich oben angekündigt bzw. inzwichen verlinkt habe.

Bar

Es ist derweilen Nachmittag und ich sitze in der Bar, dem einzigen Raum in diesem schnuckeligen Parador, den ich in dem folgenden Album von außen vorstelle. Sein eigentlicher Charme lieg jedoch innen - nur ist der fotografisch kaum zu greifen und das hat folgenden Grund: Dieser Parador ist in einer von aussen fast uneinnehmbar erscheinenden Trutzburg untergebracht, deren Innenhof sehr klein ist und die ihn umgebendedn Gebäude vergleichsweise hoch. Er hat nur 14 Zimmer, von denen 6 im Turm quasi übereinander gestapelt sind - in jeder Etage nur ein Zimmer, besser Zimmerchen - jedes erreichbar über eine Treppe oder den Aufzug.

Zimmer

8 Zimmer sind auf der anderen Seite innen an die ehemalige Außenmauer in moderner Form eingebaut - in einem hatte ich im Jahre 2005 geschlafen und mich schon damals sauwohl gefühlt. Dieses Foro ist der Versuch, Lage, Anordnung und Zugang darzustellen. Der Aufzug zur 2. und 3. Etage ist verborgen in einer aus Eisenplatten bestehenden, turmförmigen, rostüberzogenen Außenhülle - ganz sicher bewusst so gemacht, weil die Patina sich wunderbar einfügt in das Ambente der den Hof umgebenden Mauern.

Ich bin im Turm - das Mauerwerk links auf dem vorangehenden Foto - untergebracht. Wenn ich aus dem Aufzug trete ist vor mir die Zimmertür, deren Schließseite halbbogenartig geformt ist und sich nach links in einen Raum hinein öffnet, ein kleines, tonnenförmiges Gewölbe aus den ursprünglichen rohen, grob aber sauber verfugten Natursteinen. Die einzige natürliche Beleuchtung - man sollte eher "Frischluftzugang" sagen - ist eine quadratisches Luke von ca. 50 x 60cm am Ende der wohl 2,50m starken Mauer - innen mit einem Fenster versehen, das man öffnen kann. Der Raum selbst wirkt wie ein tonnenartiges Kellergewölbe - natürlich absolut trocken - und ist durch eine sehr wirksame Belüftung im offenen Sanitärbereich, der der Türe gegenüber liegt, zusätzlich bestens mit Frischluft versorgt.

Die Beleuchtung ist äußerst geschickt und anheimelnd vorgenommen. Warmes Licht aus mehreren Quellen weitet den Raum so, dass kein Gefühl der Enge aufkommt. Bleibt kuschelige Geborgenheit und höchste Intimität.

Mein Zimmer
Bett - einmal aus Sicht der Tür, einmal vom TV aus

Blick vom Bett

Mein ZimmerDas wird durch die Einrichtung erhöht: Der Blick fällt auf ein französisches Bett mit intimer beidseitiger Nachtisch-beleuchtung, darüber ein dunkelroter Baldachin, der in Volants dem Raum die Höhe nimmt, wenn man im Bett liegt. Dem Entritt gegenüber ist zentral der offene Waschbereich, von dem rechts eine glasabgesicherte Badewanne mit Dusche einlädt und links die Tür zu bestens belüftetem WC mit Bidet.

Gleich links hinter der geöffneten Türe ein Schrank mit Tresor und gekühlter Minibar neben ausreichend Platz für Kleidung. Gegenüber dem Fußende, unter dem Fensterchen links, ein Fernseher, zwei Sesselchen und ein Tischchen, auf dem mich heute Mittag eine kleine, fruchtige Aufmerksamkeit überraschte.

Der Raum ist klein, aber kuschelig, kaum zu fotografieren: ohne Blitz zu dunkel, mit direktem Blitz - einen anderen habe ich nicht - so ausgeleuchtet, dass all das verloren geht, was dem Zimmer seinen Charme gibt. Das ist eine Art Rundblick aus meinem Bett:

Heute Nachmittag habe ich einen für meine Verhältnisse erheblichen Fußmarsch gemach, um zu versuchen, Lage, Ort und Aussehen von Alarcón und dem Parador bildlich fest zu halten. Herausgekommen ist das folgende Album.

Um das zu verstehen kurz zur Lage: Das Dorf, mehr ist es nicht, liegt auf einer Felsnase die dadurch entstanden ist, dass ein Fluss sich sehr tief mit wirklich allseitig steil abfallenden Flanken in die Hochebene eingegraben hat und einen extremen Meander bildet, der an seiner schmalsten Stelle gerade den Zuweg übrig lässt. Die Anlage steht sozusagen auf einer Halbinsel mit rundum nahezu senkrecht abfallenden Flanken, erreichbar nur über einen Weg, der von einer sehr wehrhaften Vorburg und zwei weitere Wehrmauern gesichert, durch 3 Tore, dann durch das Dorf vor die eigentliche Trutzburg führt.

Die bebilderte Führung beginnt auf der Ruine der ersten Vorburg mit wiederholten Blicken auf die Trutzburg, meinem derzeitigen Zuhause, und führt den besagten Zuweg entlang durch die drei Tore, dann durchs Dorf bis zum Burgeinschlupf hier»

Track Almagro - Alarcón

Track Total

Almagro - Alarcón (15./16. Tag: Sa/So, 05./06.05.2012 - 222km/03:57h - Etappe 08)