Wenn ich nicht schon ohnehin leicht gehörgeschädigt wäre, wäre ich das spätestend ab heute - so laut habe ich unter meinem Helm mein Wohlgefühl hinausgebrüllt und keiner hat's gehört.

Es war ein Tag, wie er sein soll - alles drin vom Adrenalin-Stoß bis zum Gefühl: Wenn mir jetzt die Kiste umfällt findet man mich skeletiert erst im Sommer wieder - und ich fühle mich, nein ich bin jung, unbeschwert und glücklich!

Aber der Reihe nach. Gestern Abend habe ich meiner Routenplanung gesagt: Benicarló - Alarcón, kürzeste Strecke, keine Hauptverkehrsstraßen. Ergebnis: Die schrecklichste Strecke, die ich mir vorstellen konnte: Auf der Hauptverkehrsstraße paralell zur Küste (mautfreie Rennstrecke aller Giftgemüse- und -früchte LKWs aus der Giftküche Alicante) bis Valencia und dort westwärts Hauptverkehrsachse Madrid und irgendwann links weg!

Also habe ich ohne Rücksicht auf Gelände und Besiedelung willkürlich irgendwelche Dörfer auf der Karte entlang einer Luftlinie, also Diretissima, als Zwischenziele vorgegeben und mir eine Route ausrechnen lassen. Statt 300 km ergaben sich knapp 400 und statt 4 Stunden eben nun mal ca. 7! Und so bin ich gefahren und weiß nun, worin der Unterschied lag.

Brücke
unterwegs unterwegs viel Steine gabs - sonst nichts
unterwegs BrückeAbsolute Pampa durch Schluchten und über Berge (1744 m), kaum fahrbare Sträßchen und geniale Motorrad-Trassen, Rollsplitt in Haarnadelkurven und absolut schlaglochfreie, saubere Kurven-Strecken - ohne Verkehr und viele km lang - wechselten bunt und oft sehr überraschend ab. Ich fuhr durch 5 Provinzen, kam mir wie ein Weltwunder in manchen Käffern vor, nahm sehr wechselnde Landschaften wahr vom erbarmungslosen Nichts über eine Solarfarm am felsigen Berghang, von Mandelbaum-Plantagen, die sich nach der Blüte nun in zartestem Grün als jungfräulicher Frühling verkleideten über geometrisch gegliederte Felder mit knorrigen, noch dunkelbraunen Weinstöcken auf ockerfarbigem und rotbraunem Grund.
Energieberg
Energieberg
unterwegs Fluss ohne Wasser Ein riesiges Fussbett mit viele Meter hohen Steilwänden - ohne auch nur die geringste Spur von Wasser. Und über Allem kreisten die Geier und mahnten mich, vorsichtig zu fahren...
Geier Geier

Ein Tag der Überraschungen und des Unerwarteten. So mag ich das!

Quelle des Tajo
Weg zur Quelle des Tajo
Weg zurück von der Quelle des Tajo

Plötzlich das Hinweis-Schild in einer Kurve: rechts ab Quelle des Tajo 6 km und schon war ich in ein Abenteuer der besonderen Art verwickelt: Roter Feldweg kletterte und kringelte endlos erscheinend durch den Kiefern-Wald und just, als ich aufgeben wollte, wieder rechts weg. Es wurde nass und glitschig und eng und Schnee genau da, wo Endstation war. Da hab ich mich nicht weiter getraut mit meinen eher profilfreien reinen Straßenreifen, die sofort durchdrehen und fahren bedeutet Schlingern ohne die Richtung wirklich vorgeben zu können. Wenn mir da - natürlich keine Sau weit und breit an einem Montag - meine Kiste kippt, bin ich aufgeschmissen. Weg zur Quelle des TajoAlso Maschine im Stand umdrehen. Im Glitsch. Auf einem nassem Weg so breit, wie das Motorrad lang. Ich habe Rotz und Wasser geschwitzt.

Als das Motorrad dann umgedreht sicher wieder stand bin ich naürlich durch den Schnee gestapft um die Quelle des wichtigsten Flusses der Iberischen Halbinsel und ihr Original-Plätschern in Bild und Ton zu dokumentieren. Wenn ich mir das Ergebnis meiner Mühen ansehe muss ich allerdings zugeben: Es klingt nicht anders, als andere, aber es ist die Quelle des Tajo, wie sie am 6. April 2009 um 15:17 klang. Modifiziert nach dem bekannten Werbespruch: Wissen, es ist die Quelle des Tajo!

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WaschhausWaschhausIn einem Dorf das riesige Waschhaus in bestem Zustand und drei Frauen, die nach alter Sitte, wenn auch mit modernen Waschmitteln, Gummihandschuhen und plastikwannen-bewaffnet der Wäsche am Beckenrand rubbelnd, schlagend und klopfend zu Leibe gingen.

unterwegsunterwegsUnd in einem - verkehrsfreien und nagelneuen - Kreisverkehr rutschte mir heute meine Maschine unterm Arsch weg - mit beiden Rädern auf Sand. unterwegsIch konnte sie instinktiv gerade noch abfangen und wäre fast kopheister gegangen. Ich war langsam genug unterwegs und musste nicht absteigen. Viel wäre nicht passiert, aber vielleicht ein Defekt am Bike und die Tour am Ende, bevor sie begonnen hatte.

Bicadillo unterwegs vor der Kneipe im Schatten schild Schild Schild
unterwegs
unterwegs Jedenfalls ein Tag mit vielen Stops, vielen Bildern, vielen Schildern, einem dicken Bocadillo con queso y jamon in der Sonne eines verschlafenen Dörfchens zur Mittagszeit vor der Kneipe, an deren Tresen die Männer sich einen blanco gönnten und die Schinken von der Decke hingen.

 

 

 

 

 

 

 

 


Letztlich bin ich zufrieden und voller Eindrücke in einem meiner Lieblings-Paradores angekommen. Ich habe ihn recht ausführlich im Rahmen meiner Tour 2005 gewürdigt.

Es ist gleich 9:00 und ich gehe essen - mal sehn, was gibt...

Im Original abgebildet und beschriftet.

amuse gueule Terrina de Foie
Begleitmusik Solomillo de Cebón
Helado de Queso
Dios mio, war das Essen gut! - und die Bedienung,
was sich in der propina niedergeschlagen hat.
Propina
Etappe 3
 
Benicarló - Alarcón (4.Tag: Montag, 06.04.2009 - 395km/7:30h - Etappe 3)