Kann man ohne Muße geniessen?

Die Frage hat mich während meines Abendessens beschäftigt: Ein Kräuteromelette (Omlette des Herbes) gefolgt von Entenbrust an Honigsauße, begleitet von einem Verre du Vin rosé und einem Badois - alles besiegelt mit einem Expresso.

Eine wissenschaftlich belegbare Antwort habe ich nicht gefunden, vermute aber schwer, dass Genuss ohne Muße nicht geht.

Ich habe also zu Abend gegessen - nicht gespeist, getafelt oder genossen. Die Muße hat gefehlt. Den ersten Reisetag empfinde ich immer etwas irritierend.

So geschehen im Restaurant Olivière park inn Orange, wo ich nun zum ungezählten Mal abgestiegen bin.

Tatsache ist, dass 10 Stunden Autobahn - quasi ohne Pause - schon leicht ermüdend sind, zumal der Hänger die Geschwindigkeit drosselt und den Fahrstil beeinflusst. Stimmung kommt am Ende einer solchen Fahrt nicht auf und die Formulierkunst leidet.

Ich habe mir unterwegs noch einmal das ganze Hörbuch Tziano Terziani, Das Ende ist mein Anfang. Ein Vater, ein Sohn und die große Reise des Lebens angehört. Ein nachdenklicher, von klugen Erkenntnisse am Ende eines weitgespannten Lebens gespeistes Gespräch zwischen dem dem Tode geweihten Vater und seinem erwachsenen Sohn. Faszinierend, hörenswert und so voller Tiefe ohne Schwermut, eher von heiterer Lebensfreude geprägt, dass ich es sicher noch öfters einsaugen werde.

Ich bin um 9:00 Uhr losgefahren - bei gemischtem Wetter. Aprilwetter eben. Gelegentlich eindrucksvolle Landschafstbilder: punktuelle von der Sonne beschienene, knallgelbe Rapsfelder in zufälliger graphisch faszinierender Anordnung im Kontrast zu dunklen, dramatischen, den nächsten Guss ankündigenden, dunkelgrauen Wolkenbänken.

Fantastische Fotos hätte ich schießen können - aber auf der Autobahn mit Hänger anhalten, aussteigen und das Motiv fokussieren? Das habe ich mich nun denn doch nicht getraut - trotz meines nur bedingten Respektes vor der Obrigkeit als solcher.

Dafür habe ich während der Fahrt mal nach vorne:

 

mal nach hinten geknipst:

Unterwegs wechselten Schauer und Sonne. Bei Bourg en Bresse begann es anhaltend schauerlich zu regnen. Gischt ohne Ende. Das ging bis Lyon so. Das Rhônetal war verhangen. Als ich ankam goss es. Nachhaltig. Da ich aber morgen gleich auf drei Rädern starten will - Albi, mein Etappenziel, ist nicht gerade um die Ecke - habe ich im Regen erst mal mein Trike vom Hänger geholt. Alles sehr gut gegangen, außer dass ich ziemlich nass wurde.

Auto und Hänger kann ich hier stehen lassen im abgeschlossenen Parkplatz des Hotels, bis ich wieder komme.

Der hoffnungsfrohe Blick aus meinem Hotelzimmer nach Westen, wo das Wetter her kommt.
Home - Orange ( 1.Tag: Samstag, 21.04.2012 - 984km/10:10h unterwegs - Etappe 0)