Nee, ich hätte mich gerne, konnte aber nicht. Ich meine: die Mezquita besuchen. Ich lag meistens flach, war schlapp und überhaupt. Zwei trockene Brötchen mit Wasser nährten mich gestern. Nicht daran zu denken, das Haus zu verlassen.

Die Nacht war Hölle. Nähere Beschreibung erspare ich mir und insbesondere dem intessierten Leser. So gegen 9:00 uhr war mir noch nicht klar, ob ich fahrtauglich sein würde. Die Alternative war: Ronda stornieren und in Córdoba noch 2 Tage bleiben.

Also aufstehen und langsam prüfen, was der Kreislauf zulässt. Ich begann zu packen, ließ mir Zeit und baute eine Hilfskonstruktion zur Verhinderung unliebsamer, weil nicht steuerbarer Effekte im Sattel - im wirklichen Leben würde man Windel sagen - eine wichtige, aber wie sich letztlich herausstellte überflüssige, aber beruhigende Vorsichtsmaßnahme.

Ronda
Ronda
Ronda
Ronada
Ronda
Ronda
Ronda
Ronda
Ronda

Ich bin also unversehrt nach knapp 2 Stunden "rasenden Rittes" in Ronda angekommen und stelle fest: Das war die richtige Entscheidung. Die Unterkunft ist brillant in allen Aspekten. 2 Zimmer übereinander mit Treppe, auf beiden Ebenen Balkon mit Tisch und stühlen, oben, im Schlafbereich, gar eine Dachterrasse mit Blick gegenüber auf den gewachsenen Teil des Ortes und in die Tiefe der Schlucht gleich neben der Puente nueva, der berühmtesten, weil so gewaltig aus der Tiefe hochgemauert.

Ich bin - verständlich, denke ich - unter den gegebenen Umständen der Verführung erlegen, die Straßen zu wählen, die in kürzester Zeit zum Ziel - dem nächsten verlässlichen Klo - führten und das waren Autobahn und Schnellstraßen, also nicht die, auf denen man dem Land nahe kommt und die Muße herrscht, die zum Verweilen einläd.

Leider hat der schnelle Ritt verhindert, dass ich fotografiert habe, obwohl die Landschaft sehr anders war, als die bisher erlebte und es gab viele Ausblicke, die mich unter normalen Umständen veranlasst hätten, stehen zu bleiben und zu versuchen, das Charakteristische fest zu halten. Die endlosen ganz sanft, weich und weit schwingenden Hügel, die fast den Eindruck von "weichen" Ebenen machten, in sehr großzügiger Felderwirtschaft in allen Ocker- und Grüntönen changierend - phantastisch. Dazwischen einzelne, weiße, für Andalusien so charakteristische kleine Dörfer oder Gehöfte in der Ferne.

Mit der Annäherung an Ronda veränderte sich die Landschaft deutlich - es wurde wieder hügeliger, blieb aber lieblicher, was an der geringen Höhe liegt. Das Streckenprofil zeigt den Anstieg deutlich von 200m auf 900m betrug, aber auch, dass die absolute Höhe doch deutlich unter 1000 m liegt.

Ronda selbst werde ich mir morgen in Ruhe mal anschaun - ich bin erkennbar auf dem Weg der Besserung. Erste Eindrücke habe ich schon geknipst: Den Blick gegenüber, die Schlucht mit dem Parador obenauf und die Harmonie der berühmten Stierkampfarena.

In Ronda - so ist mein Eindruck, dreht sich - fast - alles um die Schlucht und eben diese Brücke, obwohl sie wohl die historisch weniger beredte ist, aber eben in unserem optischen Zeitalter dominant wirkt. Wo irgend möglich drapieren sich in und über der Schlucht zwischen der alten und eben dieser neuen Brücke Freisitze diverser Restaurants wie Schwalbennester. Der in sinniger Weise als Gardin de Cuenca (Cuencas touristische Attraktion sind die Casas colgadas, die dort über der Schlucht hängenden Häuser) bezeichnete, terrassierte Weg führt von der einen zur anderen Brücke mit eindrucksvollen Aus- und Anblicken. Dennoch nicht leicht zu fotographieren, wie Heerscharen von Touristen vermutlich schon vor mir festgestellt haben: Man will die Wucht der Höhe festhalten, scheitert an der Perspektive und der Beleuchtung und stellt letztlich fest, dass der Eindruck vor Ort wohl nahezu ersatzlos ist, was auch die Profi-Postkarten dokumentieren, die an den zahllosen Kiosken um Käufer bemüht sind.

Auch ich habe den Rundgang gemacht und dabei beim Wiederaufstieg festgestellt, dass meine Grundfitness bereits gefordert gewesen wäre - mein momentaner Zustand mich sogar zu gelegentlichem Verweilen gezwungen hat.

Darüber hinaus ist Tourismus eindeutig das wirtschaftliche Rückrat zumnidest des Städtchens selbst, was sich angesichts der Lage und der Attraktionen anbietet.
Es wimmelt von Besuchern aller Nationen, eine Restaurantgasse, die parallel zur Einkaufsmeile verläuft, bietet Reichhaltiges und ich bedaure schon, gerade gehandicapped zu sein.

Jedenfalls war ich froh, mich erstmal wieder in meiner "Luxus-Suite" - die Linke im Dachausschnitt mit dem darunter liegenden linken Arcaden-Balkon - lang machen und mich mit diesem Nachtrag zu meiner gestrigen Seite beschäftigen zu können, bevor ich mich daran machen werde, für meinem ausgemergelten Körper was gleichermaßen Leichtes, wie Guttuendes und dann noch Wohlschmeckendes zu finden....

Etappe 6
Profil
Córdoba - Ronda (Mittwoch, 7.04.2010 - Etappe 7)