wo die vielen Störche sind
- und mein Hinterreifen endgültig abgefahren war

Prächtiges Frühstück nach angenehmer Nacht.
Ich bin durch die Stadt gebummelt, habe Störche gefunden, was nicht schwer war, und versucht, die baulich eindrucksvollen Ecken im Bild fest zu halten.

Rundgang durch Ciudad RodrigoRundgang durch Ciudad RodrigoRundgang durch Ciudad RodrigoBei aller Schönheit bleib anhaltend störend, dass das Wetter nur optisch mitspielte. Es war so kühl, dass die Menschen nicht auf der Straße waren und damit geht das Flair verloren, was Rundgang durch Ciudad Rodrigowir klimatisch in diese Jahreszeit eher noch eingesperrten Mittel-Europäer eigentlich suchen und schätzen, wenn wir in den Mittelmeer-Raum fahren: Menschen, Lebensgeräusche, Gerüche allenthalben, die animieren, irgendwie Lebensfreude und Aktivität vermitteln, mitreißen.
Spanische Dörfer und Städtchen ohne Menschen - das geht garnicht und wenn es so ist, dann findet man eben nicht, was man sucht.

So auch in Ciudad Rodrigo über dem Rio Agueda..

Aber ein anderes Erleben hob den Tag heraus,
der in meiner Handy-Rechnung wohl auf ewig dokumentiert bleiben wird.

Auslöser: Ich brauche einen neuen Hinterreifen. Dass auf dieser Tour irgendwann der Austausch fällig sein würde, war klar. In Ciudad Rodrigo war es so weit.

Dem nicht näher Bewanderten vielleicht vorab drei technische Hinweise:

  1. Handy aus dem Ausland heißt Opfer des teuren Roaming-Verfahrens sein, das dafür sorgt, dass mehrmals abkassiert wird und vor allem auch beim Empfänger des Anrufs. Nämlich sozusagen ab Grenze, wo also ein lokaler Vermittlungs-Partner eingeschaltet werden muss. Das gilt auch, wenn ein  Spanier mich anruft oder ich einen Spanier anrufe, denn das geht ja erst mal nach Deutschland und von da zurück nach Spanien. Zumindest abrechnungsmäßig.
  2. Meine Maschine wird gerade in einer weltumspannenden Kampagne vom Weltunternehmen BMW als das tauglichste Instrument schlechthin für Zweirad-Weltreisende beworben und vermarktet - unterwegs zwischen Alaska und Feuerland, in der Wüste Atacama wie in Kasachstan.
  3. Für Menschen, die nicht ausschließlich im Gelände rumdüsen, und das sind die meisten, sind zwei Reifensorten zugelassen, beide von Michelin. Den einen Satz, den Pilot Road, habe ich montiert und um den Hinterreifen ging’s.

Das Ganze beginnt damit, dass mein Freund und BMW-Meister in der Werkstatt meines Vertrauens - Kummer gewohnt - Matthias Winter, mir einen Rückruf von der Service-Centrale BMW zusagt, weil er, seitdem BMW auf eine gedrucktes booklet mit den Service-Werkstätten im Ausland verzichtet, nicht mehr nachschlagen kann.

Der Anruf kommt prompt. Er beginnt mit der Erfassung meiner Daten (die alle im zentralen Computer gespeichert sind, wie ich später feststelle) und endet mit der - wegen der fremdländischen Namen sich etwas langwierig gestaltenden - Durchsage von Telefon und Anschrift zweier leistungsfähiger BMW-Motorradwerkstätten, eine in Valladolid (ca. 200 km entfernt) eine in Talavera de la Reina, (ca. 250 km entfernt) und dem Hinweis, dort werde man mir weiter helfen. (Gut, dass ich keine akute Panne habe, denn was dann - bei den Entfernungen?)

Also ich rufe in Valladolid, was so in etwa auf meinem Wege liegt, an und erfahre erst mal, von einem Ansage-Computer der Telefongesellschaft, dass sich die Nummer geändert habe und nun wie folgt laute: rappelrappelrappel Ende der Durchsage. Also schreibbereit machen und noch mal anrufen. Die ersten 5 Ziffern habe ich mitbekommen, die folgenden machten erneuten Anruf erforderlich.
OK geschafft und angerufen. Es läutet 4 x - niemand geht ran, dann kommt der unverkennbare und wohl internationale Pfeifton, der Dir sagt: Jetzt habe ich auf FAX umgeschaltet. Also noch mal - sicher habe ich mich verwählt. Das gleiche Spiel.
Habe ich die Nummer vielleicht falsch notiert? Also noch mal die ursprüngliche Nummer angerufen, die mir BMW-Service durchgegeben hatte. Ein Anruf genügte, ich hatte richtig notiert. Daran lag’s also nicht.
Jetzt bat ich ratlos die Receptionista, mir zu helfen. Sie tat es erst mal mit dem Rat, noch eine Stunde zu warten. Man sei in Spanien und manche Geschäfte starten erst um 10:00 Uhr. Gleiches Ergebnis.
Nachdem 20 EUR die Hosentaschen gewechselt haben macht der Receptionista eine Tiefenrecherche im Internet und siehe da: Die Firma ist umgezogen und hat eine ganz andere Telefon-Nummer.
Ich rief an und traf auf große Hilfsbereitschaft und einen Mann, der mir in bewegten Worten seinen Kummer darüber zum Ausdruck brachte, dass er den Reifen nicht auf Lager habe, aber alles dran setzen werde, ihn kurzfristig zu organisieren und er riefe mich binnen einer Stunde zurück, was er auch zuverlässig tat mit der Auskunft, dass er den Reifen bekäme, aber trotz allen Einsatzes bei mehreren Reifengroßhändlern, frühestens in 5 Arbeitstagen.
Wenn das zu lange sei, empfehle er mir Madrid, denn dort gäbe es 4 große BMW-Motorrad- bzw. Reifengroßhändler.
Aha.
Also rufe ich BMW-Service Deutschland an und bitte die Madrid-Recherche mal für mich zu betreiben. Es dauert ein Weilchen, bis das Ergebnis bei mir landet: Man könne den Reifen selbstverständlich montieren, bei BMW Madrid, eine ganz neue und leistungsfähige Firma, kein Problem außer: Der Reifen selbst stehe aber frühestens in 5 Arbeitstagen zur Verfügung. Erschwerend hinzu käme das bevorstehende Wochenende. Es sei doch eine gute Idee, wenn mein Händler in Deutschland einen Reifen mit Kurierdienst über Nacht herschickte. Die Antwort auf meine Frage nach den Kostenübernahme für diesen Einfall hängt wohl noch im “Roaming”.

Darauf hin habe ich erst mal Luft abgelassen von wegen Weltreisemotorrad, wie es da wohl mit der Ersatzteilversorgung in der hinteren Mongolei stünde, wenn BMW schon in Spanien kein Reifen, einfachstes Verschleißteil, verfügbar halte. Hinter dem beworbenen Weltreise-Motorrad führen vermutlich zwei Begleitfahrzeuge her, das gepolsterte für die Werbefuzzis, das zweite mit Ersatzteile und Reifen für 2 Maschinen in Einzelteilen...

Viel hat er nicht mehr gesagt, aber konkret könne er mir anbieten die anderen Reifen zu montieren, den Anakée, der sei bei BMW Madrid verfügbar.
Ich möge doch einfach einen Termin von hier aus abstimmen, weil er zwar Italienisch spräche, nicht aber Spanisch. Richtig sei - leider - dass ich wegen der Verträglichkeit zwingend auch den Vorderreifen auswechseln müsse. Das sei angesichts des noch brauchbaren Street Pilot zwar bedauerlich, aber unvermeidlich.

Also - Handy-Akku bald leer und Konto vermutlich auch - Anruf in Madrid. Großes Unternehmen, nette Stimme, aber etwas langwierig, bis ich das Ersatzteillager dran hatte. Dort ein zweifelsohne tüchtiger junger Mann, der aber Schwierigkeiten hatte sich vorzustellen, dass man als Nichtspanier nicht so ohne Weiteres mit der Sprachgeschwindigkeit und den Fachworten fertig wird und es dauerte, bis klar war: Er hat die Reifen, meinen Namen notiert, um sie zu reservieren und mir empfohlen, noch mal anzurufen und mich mit dem Motorradservice verbinden zu lassen, denn er wisse nicht, ob dort so kurzfristig und am Freitag Nachmittag überhaupt noch ein Termin frei sei.

AbendessenDas habe ich getan und traf erneut auf einen gleichermaßen in seinem Fach tüchtigen jungen Mann, der hinsichtlich des Einfühlungsvermögens in die beschränkte Sprach- bzw. Verstehensgewalt eines Ausländers ebenfalls gehandicapt war. Wir einigten uns aber darauf: Wenn ich es am kommenden Tag schaffen werde bis 14:00 Uhr meine Maschine abzuliefern, werde Abendessener sicher stellen, dass die Reifen noch montiert würden.
Ich wisse ja: Wochenende und um 16:00 Uhr ist Feierabend...

Das Abendessen war wieder gut und die Nacht genüsslich..

Fortsetzung folgt morgen....

Parador
 
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Ciudad Rodrigo (9.Tag: Donnerstag, 22.03.2007 - Ruhetag)