Plbia: morgendlicher Blick vom BalkonEin morgentlicher Blick von meinem Hotel-Balkon auf unsere Bikes und über die Dächer von Olbia signalisierten den beruhigenden Fortbestand der erwarteten Ordnung. Vor Antritt unserer ersten Etappe fuhren wir in den Hafen, um die Fährmöglichkeiten nach Genua zu checken, nachdem die Strecken durch Oberitalien nur bedingt attraktiv gewesen waren und wir sie uns auf der Rückfahrt ersparen wollen.

Olbia schien ärmlich und wenig gepflegt, die Zufahrt zum Hafen wegen verwirrender oder fehlender Beschilderung beschwerlich und der Hafen selbst, wie alle Fährhäfen, unübersichtlich. Aber wir haben es geschafft und beschlossen die Rückfahrt für den Samstag kommender Woche - 20:30 Uhr ab und über Nacht - bei unserer Etappenplanung vorzusehen.

Hotel RossasIsla Rossas, unser heutiges Etappenende, ist, wie sich heraus stellt, eigentlich nur ein netter Strand - noch tot - zwischen machiabewachsenen roten Felsen, eine Küstensituation, die vermutlich mehr oder minder ähnlich die ganze Insel vom Wasser trennt - vom Fischerdorf, das der Baedecker erwähnt, ist nichts zu entdecken, wirklich garnichts!!!! Ich glaube, das gibts garnicht. (Heute schäme ich mich, das geschrieben zu haben: Wir waren nur zu dämlich, das Dorf zu finden, das nur 300 m Luftlinie entfernt lag.)

Hergekommen sind wir nach einer Fahrt entlang der Costa Esmeralda über Palau und Santa Teresa di Gallura, nicht ohne kulturelles Pflichtprogramm: Gigantengräber von Li Lolghi und Coddu Vecciu.

Signore CarloneunterwegsStarke Touristisierung mit künstlichen Urlaubsdörfern, die über den Badebuchten die Felshänge aufwärts gestapelt werden und schöne Motorradsträßchen, die wir auf den knapp 200 km genossen haben - bei Temperaturen zwischen 20° und 25° bei Sonne und Wölkchen.

unterwegsMotorrad-Fahr-Genuss: Bestens.

GigantengrabIm übrigen nichts, was uns besonders beeindruckt hätte, denn wer schon mal offenen Auges die Bretagne bereist hat und dort Domlen und Menhire kennt, weiß um ihre Vielzahl, die dort - mit Ausnahmen - ohne kommerzielellen Hintergrund zu besichtigen sind, oft so versteckt, dass man sich durchfragen muss. Hier hatten wir das Gefühl schon heute am ersten Tag, dass 'man' - unterwegsvielleicht die zufälligen Grundstücksbesitzer - Gigantengräber 'betreibt' wie andere eine Kneipe.

Na ja, von irgendwas muss der Mensch leben und angesichts dessen, was wir bisher gesehen haben an Steinen und Machia ist verständlich, dass man Touristen ausbeutet, wo's geht.

isla Rossas - so scheint uns inzwischen - ist mehr oder minder nichts anderes, als die durchgestylte ****-Ferien-Hotel-Anlage Marinedda mit Club-Charakter, 2 Schwimmbädern, Lage in Google EarthTennis, Boutique, mehreren Restaurants, Wellnessbereich usw.

Ferien-Hotel-Anlage MarineddaFerien-Hotel-Anlage MarineddaAn den Bungalow-Zimmern gibts nix zu meckern. Bevor wir irgendwo was konsumieren können, gilt es eine Chipkarte cash aufzuladen, von der dann abgebucht wird. Haste kein Cash, sondern nur Kreditkarte, musste halt verhungern und/oder verdursten...


Noch scheint Vieles in Saison-Vorbereitung - nur die Übernachtungspreise nicht.

Es geht gerade mal wieder auf 24:00 Uhr zu - hinter uns ein frugales Abendessen nach Wahl vom Buffet. Und roter Wein aus dem Felsboden der Insel dazu. Bestens! Die Korsen könnten sich was davon abschauen.

Unsere Frage, woher die für uns überraschend vielen Leute kommen und wie sie hier her gefunden haben könnten in diese entlegene Ecke Europas, haben wir mikrokosmisch beantwortet: die Tischnachbarn links - das Metztgersehepaar aus dem Ruhrpott - hat sich für eine Woche mit schlechtem Gewissen ihren Kunden gegenüber durch die Hintertür davon gemacht und ist heute Morgen eingeflogen, hat sich in den gemieteten kleinen Opel gesetzt und ist hier hergefahren - gebucht über TUI oder so.

Und ähnlich das Pärchen rechts: Er fanatischer Radfahrer - zum Training 140 km am Tag - sie Erzieherin in einem Kindergarten in der Rhein-Main-Gegend - (begnügt sich mit 60 km - braves Frauchen, habe ich mir gedacht). Sie hatten im Internet recherchiert.

Und TUI selbst hatte eine ganze Gruppe Mitarbeiterinnen zwecks Training untergebracht, erkennbar an Uniformen und beflissener Teilnahme am morgentlichen Workshop.

Und im Übrigen ist Samstags Schichtwechsel - heute ist Samstag. Da werden neue Engländerinnen im Bus angekarrt, Deutsche fliegen ein und fahren im Mietwagen vor. Italiener werden wohl ihre jungen Geliebten mit dem Flair beeindruken. Buntes Gemisch und alle zusammen Viele. Hat wohl schon seine zeitgemäße Ordnung.

SpaziergangHinter uns auch ein schöner Spaziergang von einem Stündchen auf Sandpfaden auf und ab entlang der Felsküste, der bei drei netten kleinen Bierchen des Landes endete - im Schatten der Überdachung vor der ersten und einzigen Strandkneipe, die Betrieb aufgenommen hatte. Im Blick der lecker braune Bauch Ein verdientes Biercheneiner kleinen Italienerin und zum Kontrast die die Vergänglichkeit vor Augen führend die fetten, blassen, cellulitegeplagten Hängeschenkel einer von 4 Engländerinnen mittleren Alters - nicht sehr charmant, ich weiß, aber so wars halt und warum muss sie auch einen so kurzen Rock anziehen? Im Hintergrund das Meer und die im Abendlicht rot schimmernden Felsen gegenüber.

Summasummarum ein schöner erster Tag auf Sardinien.

Über den Dächern von Olbia
Auf der Suche nach dem Hafen
Etappe
Olbia - Isla Rossas ( 4.Tag: Samstag, 06.05.2006 - Etappe 4)